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Asylpolitik anders denken sophie Do., 22.02.2024 – 19:02 Artikel 23. Februar 2024 Simon Noori Knapp zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des europäischen Grenzregimes im Sommer 2015 steht die Asyl- und Migrationspolitik in der Schweiz und in Europa erneut an einem Wendepunkt. Während es Politiker:innen von Rechtsaussen bis weit in die Mitte hinein nach 2015 vor allem darum ging, die Kontrolle über die Aussengrenzen wiederzuerlangen, nehmen sie inzwischen unverblümt das Asylrecht selbst ins Visier. Diverse Vorstösse, die im Moment diskutiert werden, lassen daran keinen Zweifel mehr. Ob Asyl-Schnellverfahren an den EU-Aussengrenzen, Auslagerung von Asylverfahren in nicht-europäische Länder, Nichteintretensentscheide bei Einreise aus sicheren Drittstaaten oder strikte Obergrenzen für die Asylgewährung: Die vorgeschlagenen Massnahmen zielen im Kern darauf ab, mit dem Recht auf Asyl die letzte verbliebene Option auf ein Bleiberecht für Geflüchtete auszuhebeln. Die Angriffe auf das Asylrecht gehen so weit, dass selbst rechtsstaatliche Grundpfeiler wie die Genfer Flüchtlingskonvention oder die Europäische Menschrechtskonvention als Ballast vergangener Zeiten dargestellt werden. In der Asyl- und Migrationspolitik zeigt sich wie unter einem Brennglas, dass die Grundprinzipien europäischer Demokratien aktuell massiv in Gefahr sind. Die Infragestellung des Asyls ist eine menschenverachtende Antwort auf die Tatsache, dass sich das Überqueren der europäischen Grenzen unter Wahrung geltender Rechtsnormen tatsächlich nicht verhindern lässt – höchstens lässt es sich erschweren, indem Schutzsuchende mangels legaler Alternativen auf lebensgefährliche Fluchtrouten gedrängt werden. Anstatt grenzüberschreitende Bewegungen jedoch als Realität des 21. Jahrhunderts anzuerkennen, klammert sich die Politik an den Irrglauben, sie nach Belieben lenken und steuern zu können. Nicht nur die asylpolitischen Hardliner:innen suggerieren, dass sich Migrant:innen einfach aufhalten, verschieben oder wieder zurückschicken liessen, als ginge es um Logistik und nicht um Menschenleben. Vergessen wird dabei, dass es nicht die Staaten oder die Politik sind, die die Migrationsentscheidungen treffen. Vielmehr sind es die Menschen selbst, die von jeher Wege gesucht haben, um Not, Leid…