Selektion an den Aussengrenzen: Screening, Grenzverfahren, Ausschaffung

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Selektion an den Aussengrenzen: Screening, Grenzverfahren, Ausschaffung simon Mi., 14.08.2024 – 11:55 Artikel 7. August 2024 Simon Noori Mit der Asylverfahrensverordnung (AVV) gibt es erstmals ein EU-Gesetz, das den konkreten Ablauf von Asylverfahren einheitlich regelt und unmittelbar in allen Mitgliedstaaten anwendbar ist. Die EU weicht damit von ihrer bisherigen Praxis ab, das Asylrecht vor allem über Richtlinien zu gestalten, die zwar Mindeststandards festlegen, aber stets noch in nationalen Gesetzen ausbuchstabiert werden müssen. Flankiert wird die AVV von zwei weiteren, neuen Verordnungen: der Screening- und der Rückführungsverordnung. Zusammen etablieren sie einen Selektionsprozess in drei Schritten, der individuelle Fluchtgründe ignoriert und möglichst viele Geflüchtete aus dem Asylprozess auszuschliessen erlaubt.ScreeningErstmals wird im EU-Recht ein sogenanntes Screening festgeschrieben, das Geflüchtete schon beim ersten Kontakt mit den Behörden vollständig durchleuchtet und zwischen aussichtsreichen und aussichtslosen Fällen unterscheidet. Verpflichtende Identitäts-, Gesundheits- und Sicherheitschecks sollen die Herkunft der Geflüchteten bestimmen, ihre Fluchtrouten rekonstruieren, vulnerable Personen identifizieren sowie durch die Speicherung biometrischer Merkmale in der erweiterten EURODAC-Datenbank und durch Abfragen in Migrations- und Polizeidatenbanken mögliche Sicherheitsrisiken aufspüren.Allein auf Basis dieser Überprüfungen – und nicht anhand der Fluchtgründe – wird dann entschieden, ob Asylsuchende ein reguläres Verfahren oder das beschleunigte Grenzverfahren durchlaufen, oder ob die Zulässigkeit ihrer Gesuche abgelehnt wird. Ebenso wie die Grenzverfahren findet das Screening unter einer «Fiktion der Nicht-Einreise» statt. Geflüchtete gelten also als nicht eingereist, obwohl sie die EU-Aussengrenzen bereits überschritten haben. Der Sinn hinter dieser rechtlichen Akrobatik erschliesst sich, wenn man das Screening als nachholende Grenzkontrolle für all die Geflüchteten auffasst, die die EU-Aussengrenzen undokumentiert überquert haben – sei es über die grüne Grenze oder im Zuge von Seenot-Rettungen. Da sich solche Grenzübertritte ohne Pushbacks nicht verhindern lassen, heisst das neue Motto Internierung. Letztlich geht es darum, Wissen und Kontrolle über die Fluchtbewegungen zurückzuerlangen, die 2015 verloren gegangen sind.GrenzverfahrenDie neuen, beschleunigten Grenzverfahren finden in geschlossenen… 

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